Eisenbahnhistorischer Kulturweg "Kanonenbahn" (vie

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Jörg Neidhöfer
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Registriert: Sa 27. Aug 2005, 20:22

Eisenbahnhistorischer Kulturweg "Kanonenbahn" (vie

Beitrag von Jörg Neidhöfer »

Hallo allerseitZ,

einige von Euch haben es vielleicht schon mitbekommen: An der Mosel entsteht derzeit ein Wanderweg, der dem Thema Bahn gewidmet ist. Von Bullay nach Reil f?hrt dieser Weg an allen bedeutenden bahntechnischen Punkten vorbei, um dann auf dem R?ckweg gr??tenteils die ehemalige Trasse der Moseltalbahn einzuschlagen. Auch 2 Fotoplattformen, der "gro?e" und der "kleine Voyeur", am Anfang und am Ende des P?ndericher Hangviaduktes werden derzeit errichtet.

Am 25.09.2005 um 13:00 Uhr ist die offizielle Er?ffnungsfeier auf der Marienburg, aus den beteiligten Orten wird es eine Sternwanderung dorthin geben. Wenn ich n?heres zu Zeiten und Treffpunkten wei?, berichte ich hier gerne.

Und nun erstmal der Text der begleitenden Brosch?re, der die einzelnen Bauwerke thematisiert:


1. Kulturweg Kanonenbahn

Der eisenbahnhistorische Wanderweg "Kanonenbahn" nimmt seinen Ausgang am Knotenpunkt Bullay, wo fr?her drei Bahnlinien zusammentrafen: Die "Kanonenbahn" genannte Bahnstrecke "Berlin - Koblenz - Trier - Metz", die Zweigbahn Bullay - Traben-Trarbach sowie die als "Saufb?hnchen" ber?hmte Moselbahn von Bullay nach Trier. Der Wanderweg behandelt verschiedene Aspekte der regionalen Bahngeschichte. Er folgt erst der Kanonenbahn, dann der Zweigbahn nach Traben-Trarbach und zum Schluss den Spuren des "Saufb?hnchens". Neben bahnhistorischen Aspekten behandelt der Wanderweg auch die kultur-historischen Themen, denen wir bei der Wanderung begegnen: z. B. Marienburg, dem Aussichtsturm und Ehrenfriedhof Prinzenkopf. Der Rundweg von Bullay nach Reil und zur?ck auf der anderen Moselseite mit den Orten P?nderich, Briedel und Zell umfasst ca. 22 km. Wenn Sie nicht die Strecke an einem Tag gehen m?chten, k?nnen Sie fast ?berall bequem mit Bahn oder Bus die R?ckreise zu Ihrem Ausgangspunkt antreten. Unterwegs laden Sie Winzer und Gastronomen zur Rast ein!
GrüZe aus Zell an der MoZelschleife,
Jörg
Marco Baurhenn
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Beitrag von Marco Baurhenn »

Hi

Direkt am Abzweig nach Traben-Trabach ist auch eine Fotoplattform, von da kann man zB. auch in den Reilerhals-Tunnel reinknipsen.

Gru? Marco
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Jörg Neidhöfer
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Beitrag von Jörg Neidhöfer »

2. "Kanonenbahn" Berlin - Metz

Nachdem im deutsch-franz?sischen Krieg 1870/71 Deutschland den Sieg auch dank der schnellen Truppenaufm?rsche mit der Eisenbahn erringen konnte, wurde ab 1872 eine Bahnverbindung von Berlin nach Metz geplant und bereits 1879 eingleisig fertiggestellt; 1896 war der 2-gleisige Ausbau abgeschlossen. 1880 dauerte eine Zugfahrt von Metz nach Berlin 18,20 Stunden. Die milit?rische Bedeutung dieser Bahnlinie in das dem deutschen Reich integrierte Lothringen verlieh dieser Bahnlinie ihren Namen "Kanonenbahn". Auch w?hrend des 1. und 2. Weltkrieges diente diese Bahnlinie dem Truppennachschub an die jeweilige Westfront. Um diese Nachschublinie zu unterbrechen, waren gegen Ende des 2. Weltkrieges s?mtliche Bahnanlagen von Bullay Ziel von Bombenabw?rfen.

Der Region um Bullay brachte die Bahn als zentrales Verkehrsmittel wirtschaftlichen Aufschwung und eine h?here Lebensqualit?t. Industrie, Handel und Gewerbe siedelten sich bevorzugt entlang der Bahnstrecken an, der Fremdenverkehr entwickelte sich, Kinder konnten weiterbildende Schulen besuchen und Arzt- und Beh?rdeng?nge waren einfacher zu bew?ltigen. Winzer und Kellereien versandten ihren Wein kosteng?nstig per Bahn an ihre Kunden - ein wichtiger ?konomischer Fortschritt f?r die Moselregion.


3. Der Bahnhof Bullay

Der heutige Umweltbahnhof Bullay wurde Anfang des 20. Jh. errichtet und ersetzte einen einfachen Vorg?ngerbau aus Fachwerk. Das repr?sentative Empfangsgeb?ude vereint wie alle Bahnh?fe der Moselstrecke historische Stilelemente mit dem damals zeitgem??en Jugendstil. Das Bahnhofsrestaurant servierte Speisen und Getr?nke mit Geschirr, das die Aufschrift "Staatsbahn Bullay" trug.
F?r die Abfertigung des Frachtaufkommens standen auf dem weitl?ufigen Bahnhofsgel?nde ein bahneigener G?terschuppen mit Verladekran, ein privater G?terschuppen zum Verladen von Wein, eine Pakethalle von der Dt. Post, eine Gleiswaage und ein "Gleisladema??berschreitungsprofil" zur Kontrolle der in Bullay geladenen G?ter zur Verf?gung. Die Gleisanlage umfasste je zwei Durchfahr- und Personenzuggleise, ein ?bergabegleis f?r die Moselbahn und dreizehn G?tergleise. Drei Stellwerke bedienten die einundzwanzig Weichen.


4. Umweltbahnhof Bullay

War die Eisenbahn ?ber viele Jahrzehnte hinweg das zentrale Verkehrsmittel, so sieht sie sich seit den 1960er Jahren in zunehmend st?rker werdender Konkurrenz zu den anderen Verkehrs- und Transportmitteln auf dem Wasser, in der Luft und auf den Strassen.
Das Ende der 1990-er Jahre veraltete Bahnhofsgeb?ude Bullay r?ckte in den Blickwinkel der Verkehrspolitiker, als das Land Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der Bahn AG begann, neue ?bergreifende Verkehrskonzepte zu erarbeiten. Das Projekt "Umweltbahnhof Bullay" wurde eines der 4 Pilotprojekte im Land. Die Neugestaltung des Bahnhofes sollte einer zeitgem??en Verkehrssituation entsprechen, die die Belange von st?dtebaulicher Einbindung, Freizeit- und Verkehrsdienst, ?kologie und ?konomie sowie Angebote moderner Dienstleistungen verbindet. Der Umweltbahnhof Bullay hat diese Vorgaben auf vorbildliche Weise in sich vereint.
GrüZe aus Zell an der MoZelschleife,
Jörg
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Jörg Neidhöfer
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Beitrag von Jörg Neidhöfer »

5. Eisenbahnbr?cke Bullay

Die Streckenplanung Trier - Koblenz sah aus Kostengr?nden urspr?nglich hier eine reine Bahnbr?cke vor. Doch die finanzielle Beteiligung der Anliegergemeinden, des Kreises und einiger Unternehmer ?berzeugten das Wirtschaftsministerium von dem Bau einer doppelst?ckigen Br?cke, die in den Jahren 1877/78 realisiert wurde. Sie ist die erste Doppelbr?cke f?r Stra?e und Bahn in Deutschland. Die kastenf?rmige Stahlgitterkonstruktion hat ein Gesamtgewicht von 1401,4 Tonnen.

Die urspr?ngliche Br?cke erfuhr im Laufe der Zeit verschiedene Ver?nderungen. 1928 wurde sie wegen der gr??eren Tonnagen, die nunmehr auf der Strecke fuhren, umgebaut und verst?rkt.

Im 2. Weltkrieg liefen ?ber die Moselstrecke Nachschub und Versorgung f?r die Kriegsfront im Westen. Deshalb war die Bahnlinie ein bevorzugtes Ziel von Bombenangriffen, die gezielt ab dem 19. Juli 1944 auf die Br?cke einsetzten. Am 10. Februar 1945 gelang ihre Zerst?rung. Weitere Bombenangriffe sollten das Verbindungsgleis zur Moselbahn zerst?ren. Die Menschen der umliegenden Gemeinden mussten bei den Wiederaufbauarbeiten der Bahnbr?cke helfen. Es dauerte etwa 2 Jahre, bis das Bahnnetz geschlossen war und die Eisenbahn ihren durchgehenden Betrieb wieder aufnehmen konnte. Am 24. April 1947 er?ffnete General K?nig, der sich sehr f?r den Wiederaufbau einsetzte, die Strecke.


6. Prinzenkopf- und Reilerhalstunnel (458 u. 503 m L?nge)


Fr?her war das Durchsto?en von Gebirgen f?r einen Tunnelbau m?hselige Bergmannsarbeit. Neben Ingenieuren, Geometern und anderen Fachkr?ften wurden f?r Tunnelarbeiten viele italienische Arbeitskr?fte eingesetzt, die als Mineure einen guten Ruf besa?en. Ein B?ro in Alf leitete alle Bahnarbeiten zwischen Kinderbeuern und der Bahnbr?cke Eller, so auch der Bau der beiden Tunnel Reiler Hals und Prinzenkopf.

Im Rahmen der Elektrifizierung der Moselstrecke Anfang der 1970er Jahren mussten alle Tunnel zur Unterbringung des Fahrdrahtes und eines einzuhaltenden Mindestabstandes zur Tunneldecke hin niedriger gelegt werden. Probleme bereitete f?r den Prinzenkopftunnel die Bahnbr?cke, deren Gleise nicht tiefer gelegt werden konnten. So musste man sich auf der Bullayer Seite mit einer Profilerweiterung der Tunnel?ffnung und langsamen Absenken der Gleise behelfen. Die Gleise auf dem P?ndericher Hangviadukt konnten nur durch zentimeterweise Sprengungen dem Niveau der tiefer gelegenen Tunnelgleise angepasst werden.
Mit der Einfahrt in den Reilerhalstunnel verl?sst die Kanonenbahn die Mosel. Die Bahnlinie durchquert die Eifel und erreicht erst wieder kurz vor Trier bei Schweich wieder die Mosel.
GrüZe aus Zell an der MoZelschleife,
Jörg
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Jörg Neidhöfer
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Beitrag von Jörg Neidhöfer »

7. Hangviadukt

Das bedeutendeste Bauwerk auf der Moselstrecke ist der P?ndericher Hangviadukt, der quer durch die Weinberge verl?uft und den Prinzenkopf- mit dem Reilerhalstunnel verbindet. Der Untergrund des Hanges besteht auf 2 bis 10 Meter Tiefe aus lose gelagerten Ger?llmassen. Die gr??te Schwierigkeit war, dass jede Baugrube f?r die Pfeiler mit regelrechter Schachtverzimmerung abgeteuft werden musste. Die ung?nstige Lage erschwerte diese Arbeit sehr. Eine eingemauerte Urkunde z?hlt alle Dienststellen und Firmen auf, die am Viadukt gearbeitet haben. Auch sind die Kosten aufgelistet und im Vergleich dazu die damals aktuellen Preise f?r Lebensmittel wie Brot, Fleisch und Moselwein.

Der Viadukt hat eine L?nge von 786 Meter, besitzt 92 gew?lbte ?ffnungen von 7,20 m Lichtweite und beschreibt bei einer Steigung von 1:100 eine Kurve von 700 Metern Radius.

Vom 19. Juli 1944 bis zum 3. M?rz 1945 versuchten insgesamt 15 feindliche Flieger, den Viadukt zu zerst?ren. Trotz eines intensiven Beschusses blieb der Viadukt weitgehend unbesch?digt.


8. Zweigbahn von Bullay/P?nderich nach Traben-Trarbach

Traben-Trarbach als wichtiger Weinhandel- und Tourismusort der Mittelmosel verfolgte schon seit 1872 das Ziel einer Anbindung an das Schienennetz. Nach langen Verz?gerungen wurde die Zweigbahn erst gebaut, nachdem eine Kostenbeteiligung aller anliegenden Gemeinden vorlag. Ihre Er?ffnung fand am 01.06.1883 statt.
Der Umsteigebahnhof war anfangs nicht Bullay, sondern ein am Zusammentreffen der beiden Bahnlinien errichteter Bahnhof. Dieser wurde bereits 1879 als Kanonenbahnstation "Reil" errichtet, sp?ter aber in "Bahnhof P?nderich" umbenannt. Hier endeten 5 von 6 Z?gen der Zweigbahn Traben-Trarbach. Er diente bis zu seinem Abriss 1975 als Umsteigebahnhof zwischen Kanonenbahn und Zweigbahn.
Neben der Personenbef?rderung stand der G?terverkehr - in erster Linie der Weinversand - im Vordergrund. Der Transport des Fassweines per Schiff war sehr teuer, so dass einige H?ndler Weinlager in K?ln oder in anderen St?dten unterhielten. Von der M?glichkeit des kosteng?nstigeren und einfacheren Transportes per Bahn profitierte der Moselweinhandel in allen Ortschaften mit Anschluss an das Bahnnetz. Weing?terz?ge befuhren h?ufig die Strecke.
Der charakteristischste Personenzug war ab 1952 der dieselangetriebene "Uerdinger Triebwagen" - der "Retter der Nebenstrecken". Typisch f?r die Innenausstattung waren die umklappbaren R?ckenlehnen, wodurch der Reisende sich f?r ein Sitzen mit oder entgegen der Fahrrichtung entscheiden konnte. 1991 ging die ?ra des "Roten Brummers" zu Ende. Danach fanden moderne Triebwagen ihren Einsatz, so z. B. auch kurzzeitig im Jahr 1997 ein Doppelstock-Triebwagen. Seit 2001 betreibt die private Bahngesellschaft Trans-Regio, die den Triebwagen Regio-Shuttle einsetzt, die Zweigstrecke Bullay ? Traben-Trarbach.
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Jörg Neidhöfer
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Beitrag von Jörg Neidhöfer »

9. Die Moselbahn Trier - Bullay -- "Saufb?hnchen" genannt

Die als "Saufb?hnchen" oder "Moseltalbahn" bekannte Moselbahn entsprang dem Wunsch der Moselortschaften zwischen Bullay und Schweich, an die wirtschaftlich wichtige Bahnlinie Trier - Koblenz angeschlossen zu werden. So entwickelte sich die als Privatbahn 1905 fertig gestellte Bahnlinie rasch zu einem wichtigen Personen- und G?terverkehr. 1908 fuhr zwischen Trier und Traben-Trarbach ein Schnellzug, in dem die G?ste mit Getr?nken und Speisen versorgt wurden - die stattfindenden Trinkgelage gaben der Bahn bald ihren Namen "Saufb?hnchen". Kurt Tucholsky ?berlieferte 1929 als einer der prominentesten Bahng?ste die Weinproben an jeder Bahnstation und das Umsteigen in Bullay in einen "seri?sen" Zug.

1936/37 war die Strecke hochmodern, als der erste Triebwagen f?r Personenverkehr eingesetzt wurde. Gegen Ende des 2. Weltkrieges diente die Moselbahn als Ersatz f?r die zerst?rte "Kanonenbahn" dem R?ckzug von der Westfront. Gewaltige Milit?rz?ge rollten durchs Moseltal. Kriegsbedingte Zerst?rungen von Bahnh?fen, Br?cken und Weichen legten zwischen M?rz und Juli 1945 auch diese Strecke lahm, die franz?sische Pioniere nach dem Krieg reparierten.

Das Wirtschaftswunder der 1950er Jahre brachte die Konkurrenz zur Stra?e; Hochw?sser versch?rften die wirtschaftliche Situation. Auch notwendige Modernisierungen wie Erneuerung des Oberbaus und Einbau einer schweren Schienenform sowie ein Aufschwung, bedingt durch die Bef?rderung von Baumaterialien f?r die Moselkanalisierung zwischen 1956 und 1964, verhinderten nicht die Stilllegung des "Saufb?hnchens". 1961 wurde der Bahnpostverkehr eingestellt, und kurz danach der Personenverkehr von Traben-Trarbach nach Bullay. Die letzte Teilstrecke schloss am 31.10.1968.
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