Wer nicht A sagt der muß B sagen....der NRW-Stadtbahnwagen

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Dieselpower
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Re: Wer nicht A sagt der muß B sagen....der NRW-Stadtbahnwagen

Beitrag von Dieselpower »

Teil 4: Die Drehstromer kommen

Nachdem Düsseldorf bereits erste Drehstromwagen abgenommen hatte, zog auch Köln 1987/88 nach, allerdings diesmal gleich mit mehreren Änderungen - neben dem Drehstromantrieb kam das Zwillingszugkonzept mit Heck an Heck gekuppelten Einrichtungswagen zum Zuge, der Fahrgastraum war nunmehr durch drei statt zwei Stufen erreichbar, wobei der ausschwenkbare SO-Tritt entfiel, und es wurden elektrische Schwenktüren verbaut. Zu diesem Zeitpunkt gab es die Berlinförderung noch, und deshalb - und der schnelleren Verfügbarkeit wegen - kamen zwei Wagen von DÜWAG (2201 und 2202) und zwei Wagen von Waggon Union Berlin (2251 und 2252), die sich optisch leicht unterschieden (Innengestaltung, etwas "kantigere" Kastenform), aber technisch kompatibel waren. Trotzdem verzichtete man weitgehend auf "gemischte" Einsätze der beiden Hersteller. Leider glänzten die Berliner Wagen durch technische Probleme, die auch bei der Folgeserie 2253-2260 nie ganz ausgemerzt werden konnten, weshalb sie wohl auch bald die ersten ausgemusterten Drehstromwagen sein werden, und somit von den mittlerweile zu 24xx umgebauten 21xx-Wagen der zweiten Generation wohl "überlebt" werden. Nach vier Wagen mit Bistroabteil für Düsseldorf und 13 Wagen für Bochum komplettierte DÜWAG die Serie 2200 dann mit den Einheiten 2203-2240, womit insgesamt 25 Zwillingszüge in Köln zur Verfügung standen.

Hier kommt der Erlkönig mit klassischer "Jägermeister"-Werbung an den inzwischen modernisierten Bahnsteig des Hp Wesseling Nord auf der Rheinuferstrecke. Es fällt auf, daß auch nach 25 Entwicklungsjahren das EBO-konforme dritte Spitzenlicht immer noch aufgesetzt, und nicht integriert ist, während die markante Konsole verschwunden ist - mit der fehlenden Kupplung vorne gibt er für meinen Geschmack vorne ein etwas "nacktes" Bild ab. Der Wagen ist übrigens auf die englische Partnerstadt Liverpool getauft:
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Die Bonner Überlandlinien 16 und 18 endeten zu diesem Zeitpunkt noch in der etwas beengten Wendeanlage "Clevischer Ring" in Köln-Mülheim zwischen den Richtungsfahrbahnen der B8/51. Ich durfte mit "einrücken, und konnte am "Streckenende" das Rendezvous der beiden Linien festhalten - auf der 18 läuft ein B100S-Doppel, aber nur noch die halbe Strecke bis Brühl.
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Auch unser Fahrer war etwas voreilig, denn auch er fährt nur noch die halbe Strecke...und über die Ringe statt durch den Stadttunnel - soeben hat er die Rollbandanzeige korrigiert, und der auf die französische Partnerstadt Lille getaufte 2202 zeigt als Ziel den Btf zwischen den beiden Großstädten an. Auch der auf der 18 nun führende 2098, der zum Aufnahmezeitpunkt noch der KBE gehört, wird dorthin fahren, muß jedoch noch einmal Kopf machen, und ab Brühl die Querbahn benutzen, auf der zeitweise auch Reisende in den Zügen zugelassen waren und sind. Außer von den aus- und einrückenden Zügen wird die Querbahn nur von den Güterzügen der RheinCargo (früher HGK, davor KBE) befahren.
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Vor der Abfahrt noch ein schneller Blick auf das Fahrpult des nagelneuen 2202:
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Hiermit endet leider mein aktueller Bildervorrat vom Stadtbahnwagen B, es darf aber gern ergänzt werden - sollten beim Scannen noch Bilder auftauchen, reiche ich sie gerne nach.

Dortmund erhielt danach noch einmal 44 Chopperwagen, teils mit Mittelteil, und auch Düsseldorf und Bochum legten noch einmal mit 43 Drehstromern nach.

In Bonn beschritt man einen Sonderweg, und orderte die einzigen 14 Exemplare in der Version B100C, also 100 km/h schnell und mit Choppersteuerung. Seit 1993 bereichert diese Version mit den Nummern 9351-9364 die "schrecklich nette Familie", sie erhielten jedoch das klassische Gesicht mit der Beleuchtungskonsole.

Bald erkannte man in Köln auch den Nachteil der Zwillingswagen (unflexibel beim Schwächen und Verstärken bei Bedarf was allerdings auch nur selten vorkam), und so wurde die letzte Serie B-Wagen noch mal als Zweirichtungswagen ausgeführt, um aus den Wagen 2301-2333 Züge zu Bilden, denen man zum Schwächen das Einrichtungsfahrzeug der Reihe 2200 "klauen" und als Einzeltraktion weiterfahren konnte - wurde de facto jedoch so gut wie nie praktiziert. Heute laufen alle Serien wild gemischt in Köln, was bei unterschiedlichen Antriebsarten im Kupplungsbereich spürbar ist...Damit endete eigentlich 1996 der Bau des B-Wagens.
Eigentlich....denn im türkischen Bursa ging zur Jahrtausendwende ein neues Stadtbahnsystem mit 1500 V Gleichstrom in Betrieb, und man wollte ein bewährtes Modell dort einsetzen, und für 48 Exemplare lohnte es sich noch einmal, die Produktionsstraßen anzufahren. Man wählte mechanisch den Kölner 2300er, die Klappstufen entfielen wegen der Hochbahnsteige im neuen Netz und die Motorisierung wurde von B'2'B' aud Bo'2'Bo' mit vier Einzelmotoren zu 140 kW deutlich verstärkt. Die Fahrerkabinen erhielten Klimaanlagen, fertig war der neue Wagen für die türkische Millionenstadt. Einsatz findet hier in Traktionen bis zu 4 Zügen (technisch sind 5 möglich) statt.

Bald wir er 50 sein, und das mit nur wenigen Ausfällen bisher....ob die ganzen modernen Kisten mit unaussprechlichen Namen, Design wie im LSD-Rauch entworfen und cw-Werten, als würden sie 500 km/h erreichen, je schaffen werden, darf bezweifelt werden. Der B-Wagen hat in meinen Augen das Zeug zu einem Kultstatus ähnlich dem der Straßenbahn-Gelenkwagen aus gleichem Hause. Er stand auch für andere Bauarten Pate, z.B. für die Karlsruher Mehrsystem-Wagen, sowie einige - vielleicht nicht auf den ersten Blick als solche erkennbare (s. Docklands-Wagen in Essen) - Verwandte in Europa und Übersee. Ein zweites Leben führen inzwischen etliche Kölner Wagen der 2000er Serie in Istanbul.

Das wars von meiner Seite aus, Ergänzungen auch hier gern gesehen, ich hoffe, es hat Euch etwas Freude bereitet.
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