Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Historisches ausserhalb der Region
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Günter T
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Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Beitrag von Günter T »

Nein, hier geht es nicht um Erwin Geschonneck und seinen Sauerampfer … https://de.wikipedia.org/wiki/Karbid_und_Sauerampfer .....,
sondern um einen Bericht über den Besuch in Oberbayern am 21. Juli 1989, der uns an die einzigartige Bahnlinie von (Mühldorf -) Garching nach Traunstein führte.


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Scan 0a


Der folgende Auszug stammt aus dem Kursbuch Sommer 1989.

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Scan 0b:



Andreas und ich fuhren fuhren schon morgens an den in den Jahren 1908 bis 1910 erbauten Abschnitt des Alzkanals bei Schalchen, der das Wasser der Alz zur Stromerzeugung nutzt.



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Bild 1:
Gegen 7.40 Uhr konnten wir südlich von Schalchen den 6477 nach Traunstein - bestehend aus 998 675, 998 317 sowie 798 720 - aufnehmen.





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Bild 2:
Ein paar hundert Meter weiter kamen uns 998 867, 998 259 und 798 665 als 6472 Richtung Garching entgegen.





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Bild 3:
Wenige Sekunden später noch eine zweite Aufnahme des 6472.





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Bild 4:
Wir blieben an dieser Fotostelle und erwarteten gegen 8.15 Uhr die Üg 68222 (Trostberg 8.13 – 8.33 Garching). Dann kamen sie ins Bild: die riesigen Karbidflaschen hinter der 212 084.





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Bild 5:
Während der Vorbeifahrt machten wir Aufnahmen von den Wagen mit den Karbidflaschen. Hier der Wagen 171 der SKW (Süddeutsche Kalkstickstoffwerke) Trostberg mit der Nummer 84 80 925 2 020-6.
Im Werk Hart/Alz stellt man unter hohem Energieaufwand das Calciumcarbid (im normalen Sprachgebrauch: Karbid) her und befüllt damit die aufgerichteten Flaschen. Dann werden die Flaschen in das Werk nach Trostberg transportiert, wo u. a. daraus der Kunstdünger Kalkstickstoff hergestellt wird.





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Bild 6:
Der Drehgestellflachwagen Rmms 664 mit der Nummer 84 80 396 1 660-8 wurde von der SKW unter "156" geführt.





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Bild 7:
Der Wagen mit der Nummer 84 80 925 2 000-8 nach der Vorbeifahrt.
Aus dieser Blickrichtung wird die Flaschenform deutlich.





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Bild 8:
In Trostberg stand gegen 9.15 Uhr die dort angekommene Üg 66702 (Traunstein 8.23 – 8.56 Trostberg) mit der Zuglok 218 347. Gerade waren 998 867, 998 259 und 798 665 als 6479 nach Traunstein abgefahren.





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Bild 9:
Eine halbe Stunde später erwischten wir am Alzkanal nördlich von Trostberg den Zug 6478 nach Mühldorf, bestehend aus 998 675, 998 317 sowie 798 720.





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Bild 10:
Noch ein Nachschuss auf den gerade vorbeigefahrenen 6478.
Bahnstrecken direkt am Wasser haben auf mich schon immer eine faszinierende Wirkung ausgeübt.





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Bild 11:
Kurz nach 10 Uhr machten wir dieses Bild von der Fußgängerbrücke in Garching mit dem dort eingetroffenen 6478, die wir schon auf den Bildern 9 und 10 gesehen hatten.





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Bild 12:
Nördlich von Trostberg galt es dann gegen 12.40 Uhr, die Üg 66793 (Mühldorf 11.47 – 12.03 Garching 12.20 – 12.41 Trostberg) mit 5 Karbidflaschenwagen abzulichten.





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Bild 13:
15 Minuten später rollte dann an der gleichen Stelle der 6481 - bestehend aus 798 719, 998 270 und 998 633 - an uns vorbei.





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Bild 14:
Gegen 14 Uhr war in Garching die Werklok 5 (Krauss-Maffei) der SKW Trostberg bei der Arbeit.





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Bild 15:
20 Minuten später rangierte die 218 347 im Bahnhof Garching. Gut zu erkennen sind rechts hinten die vier Werksgleise der Anlage Hart.





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Bild 16:
Wir verlegten dann nach Schalchen, südlich des Bahnhofs. Dort kam dann die 218 347 mit der Üg 66697 (Garching 14.35 – 14.55 Trostberg) vor unsere Kameras.





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Bild 17:
Als wir gegen 17.30 Uhr nördlich des Bahnhofs Hörpolding im Ortsteil St. Georgen am Steiner Mühlbach standen, kam die 218 347 zurück aus Traunstein. Sie fuhr die Leistung 6486.





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Bild 18:
Das letzte Bild an dieser Strecke machten wir gegen 18 Uhr südlich von Hörpolding mit dem 6487 nach Traunstein, bestehend aus 798 592, 998 275 sowie 998 870. Im Hintergrund ragten die Chiemgauer Alpen auf, was uns bewusst machte, in einer herrlichen Urlaubsregion zu sein.
Dem entsprechend begaben wir uns dann auch in einen zünftigen Biergarten, worauf wir uns schon den ganzen Tag gefreut hatten.


Es grüßt Euch
Günter
Zuletzt geändert von Günter T am Mi 10. Mär 2021, 16:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Dieselpower
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Re: Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Beitrag von Dieselpower »

Hallo Günter,
Wie immer wunderbare Bilder, die Strecke ist mir irgendwie immer "durchgegangen" - sehr schade.
Hat dich das Bild mit der 218 und den Ucs im Übergabe-Beitrag auf die Idee gebracht?
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Günter T
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Re: Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Beitrag von Günter T »

Dieselpower hat geschrieben: Mi 10. Mär 2021, 11:32 Hat dich das Bild mit der 218 und den Ucs im Übergabe-Beitrag auf die Idee gebracht?
Hallo Marko,

ja, genau: Als ich das Bild mit den Ucs rausholte, hatte ich beim Anschauen der anderen Bilder richtig Lust, diese anschließend zu digitalisieren.
Diese Dias waren etwa 30 Jahre irgendwie in Vergessenheit geraten. Das Foto aus Hörpolding war mir aber unvergesslich in Erinnerung geblieben, weil es mir so gut gefiel.

Es grüßt
Günter
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Carbid-Produktion in Hart

Beitrag von eta176 »

Danke Günter für diesen tollen Beitrag mit besonderen Güterwagen, die ich bislang
nicht kannte.

Offenbar gab es davon auch mal ein Märklin-Set in H0:
Märklin 4tlg Set Karbidflaschen-Wagen, Epoche III (48250). 4 Stück Märklin 48250,
Carbidflaschen-Wagen der SKW Trostberg Aktiengesellschaft, eingestellt bei der DB,
Epoche III, mit Wagen-Nr. 519 153 (124), 519 154 (184), sowie 519 149 (122) und
519 152 (33) mit Bremserhaus

Carbid (und Kohlenmonoxid) werden auch heute noch im 1919 (?) gegründeten Werk Hart
produziert, aber die Carbidflaschen-Wagen dürfte es in dieser Form nicht mehr geben.
Das Werk muss bis zum Einbau von Filteranlagen (erst Anfang der 1980er Jahre) eine
riesige Dreckschleuder gewesen sein > Zitat:
"Kennzeichneten bis dahin dicke Rauchschwaden und folglich feinstaubige Ablagerungen
das Werk Hart und seine Umgebung, so gelang es durch den Einsatz von feinporigen Ge-
webefiltern, die Produktionsanlagen (Carbid- und Legierungsöfen) wirksam zu entstauben.

Die Staubemissionen (vorher ca. 40 Tonnen pro Tag) wurden damit um 95% gesenkt."

Link zur interessanten Geschichte (leider mit sehr schlecht aufgelösten Fotos :evil: )
:arrow: https://history.evonik.com/de/gesellsch ... tberg/hart
.
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Dieselpower
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Re: Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Beitrag von Dieselpower »

Bis zur allmählichen Entwicklung eines "Umweltbewußtseins" zum ausklingenden 20. Jahrhundert war so ziemlich jede Form der Industrialisierung eine "Dreckschleuder". Als ich Ende der 90er meine erste Frau aus Recklinghausen kennengelernt habe, war dort noch an einem eigentlich klaren Wintertag die Luft rauchgeschwängert vom Hausbrand und den letzten Resten der Industrie.

Dabei wird gern vergessen, daß wir einen gewaltigen Teil unseres (heute wieder weitgehend unbemerkt schwindenden) Wohlstandes mit diesen Umweltsünden geschaffen haben. Das soll das Ganze nicht entschuldigen, aber ich finde diesen Lifestyle, alles, aber restlos alles, was mal war (und nicht zuletzt uns dahin gebracht hat, wo wir waren, uns aber gerade aufgrund von aktuell gültigen Ideologien ohne klare Perspektiven wieder weit von entfernen) zu verteufeln und schlecht zu reden - ändern kann man es im Nachhinein eh nicht mehr. Und es wäre unfair vorangegangenen Generationen gegenüber, die es nicht besser wußten, und einfach nur den Wunsch hegten, für spätere Generationen - also UNS (!) - eine bessere Welt zu schaffen...Handies, elektronische Spielzeuge, die Heizung im Kinderzimmer, die amerikanischen Turnschuhe aus Fernost an ihren Füßen und nicht zuletzt auch der Big Mac nach der FfF-"Demo" sind im Übrigen gar nicht kompatibel zu den ach so hehren Absichten des ideologisch getrimmten, aber ahnungslosen Jungvolks.

In logischer Konsequenz müßten wir jetzt hier jede Sonderfahrt mit Dampf oder urigem Diesel verteufeln und für deren Verbot plädieren....wollen wir das? - Bitte in RLP und BW auch am Sonntag beim "Kreuzchen machen" daran denken!

Normalerweise verkneife ich mir solche Beiträge hier inzwischen, aber bei einer solchen Steilvorlage..... :wink:
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Re: Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Beitrag von Carsten Frank »

Die teils uralten Wagen waren bis jetzt immer noch im Einsatz und werden aktuell durch Neubauten abgelöst.
Die Carbidflaschen selbst bleiben die alten.

https://www.drehscheibe-online.de/foren ... 31,9638583
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Dieselpower
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Re: Karbid und Schienenbusse (1989 am Alzkanal in Oberbayern, 18B)

Beitrag von Dieselpower »

Das liegt vermutlich an den Spezialkonstruktionen für diese Transporte, die Bestandsschutz haben dürften. Jede neue Transportversion würde garantiert ein neues Zulassungsverfahren voraussetzen, und das würde erfahrungsgemäß zu einer Verlagerung auf die Straße führen, weil das heute alles wahnsinnig teuer und kompliziert ist - aber ob man dieses Material wirklich auf Gummireifen durch Dörfer fahren sehen will?

Ich erinnere mich da an meine HGK-Zeiten, da gab es - ich glaube insgesamt 8 - spezielle Kesselwagen für den Blausäuretransport. Diese und nur diese durften (dürfen heute noch) dafür genutzt werden, die Wagennummern stehen sogar auf der entsprechenden Fplo, die übrigens jährlich eine neue Genehmigung diverser Stellen bis hoch zum BMV erhält.
Ähnlich verhielt es sich mit speziellen Kesselwagen für DME (Dimethylether, UN 1033), ein Spezialprodukt von SHELL - vormals Union Kraftstoff - das in der Rheinland-Raffinerie Wesseling verladen wurde. Die Druckgas-Kesselwagen in strahlendem Weiß mit oranger Bauchbinde und schwarzem Rahmen sahen stets pfuschneu und wie geleckt aus, doch bei näherem Hinsehen konnte man auf Fabrikschildern oder Walzzeichen des Rahmens (Damals hatten Kesselwagen noch Rahmen anstatt einer selbsttragenden Behälterkonstruktion wie heute) noch schemenhaft frühe 50er Jahre ablesen. Solche Spezialfahrzeuge werden gehegt und gepflegt. Die vielen unterschiedlichen Transport- und Behälterbauarten sind kein Zufall, sondern spezifischen Eigenschaften der Güter geschuldet. Daher sehen Übergaben von/zu Chemiewerken auch meistens so "durcheinander und uneinheitlich" aus, wobei sich auch hier immer mehr der Standard Containertragwagen mit speziellen Wechselbehältern durchsetzt.
Ein noch besseres Beispiel für das lange Überleben von Spezialbauarten sind die berühmten Kübelwagen der ex Köln-Bonner-Eisenbahn, später HGK, heute RheinCargo. Ich habe noch Ganzzüge komplett aus Altbauwagen gefahren, teils ohne Bremse (Leitungswagen), diese stammten teilweise aus der Zeit um den 1. Weltkrieg herum, und liefen bis weit in die 90er, bevor aus den Untergestellen von umgebauten belgischen Schiebewandwagen hergestellte, neue Fahrzeuge mit höherer Tragfähigkeit (5 statt 3 oder 4 Fünf-Tonnen-Kübel) angeschafft wurden.
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