Nachschieben einstellen....

Historisches ausserhalb der Region
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Dieselpower
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Nachschieben einstellen....

Beitrag von Dieselpower »

Ein unscheinbares Kapitel im Signalbuch sind die Signale für Schiebelokomotiven und Sperrfahrten. Unter dem nüchternen Kürzel Ts1 im Modul 301.0401 findet sich eine schwarze Tafel mit einem um 90° nach rechts gekippten "T", es befiehlt dem Lokführer einer arbeitenden nachschiebenden Lok, die Leistung anzuschalten, und sich vom ungekuppelten Zug abzusetzen. Logischerweise finden wir so ein Signal am Scheitelpunkt oder am Steigungsende von Bergstrecken. Auf irgendeine festgelegte Art und Weise kehren dann die Schiebeloks wieder zurück zum Einsatzbahnhof, wofür ggf. wieder andere Ts-Signale Verwendung finden - haben wir sicher schon mal alle gehört oder auch gesehen.

In unserer Zeit eine absolute Seltenheit ist es, wenn man diesen Moment aus der Nähe beobachten kann, sei es aus der Schiebelok, oder - noch seltener, weil kaum noch praktiziert - aus dem letzten Reisezugwagen heraus. In der Zeit, als ich noch öfter in Richtung Benelux unterwegs war, um die noch mit Diesel befahrenen Strecken der Ardennen zu besuchen, nutzten wir meistens einen der zahlreichen D-Züge, die Paris via Aachen - Liége G - Namur ansteuerten, da gab es ein gutes Angebot an morgendlichen Zügen hin und Abends zurück, alternativ boten sich auch Umsteigeverbindungen mit den nahezu im Takt verkehrenden D-Zügen der Relation Köln - Oostende u.z. an. Diese befuhren eine der beiden Aachener Rampen nach Aachen Süd und weiter Richtung Welkenraedt, die andere Rampe von Aachen West hinauf nach Gemmenich dürfte den Gz-Fans bekannter sein. Jedenfalls mußten - und müssen heute noch - alle Loks an Zügen aus Aachen Richtung Belgien sich erst mal mächtig ins Zeug legen, oder eine Schiebelok zur Unterstützung erhalten.

An jenem Morgen war unser D-Zug von einer relativ ungewöhnlichen Schiebelok unterstützt worden, und das obwohl er anstatt mit der vierachsigen Mehrsystemlok der 16er Serie heute mit der leistungsstärkeren 18er aus französischer Fertigung (ähnlich der CC40100) bespannt war. Eine (mittlerweile) Kleinlok (früher waren die 260er ja noch "Loks" - der Einsparungen wegen reihte man sie zu den Kleinloks ein, damit befähigte Rangierleiter sie bedienen durften) der Reihe 360 hatte sich hinter uns gesetzt. An diese Fahrt erinnere ich mich noch sehr genau, weil ich dieses Bild machen wollte, und dem Lokführer ein kleines Mißgeschick unterlaufen war. Da der belgische Kollege mit seiner fast 6.000 PS starken starken Maschine an diesem Tag recht forsch aufgeschaltet hatte, verlor die kleine V60 beim Schaltpunkt des Getriebes kurzzeitig den Kontakt zum nicht gekuppelten Zug. Eigentlich besagt die Regel unter anderem, daß nun sofort zu halten ist, was unserem Kollegen entweder entfallen oder egal war, oder der nun kurzzeitig entlastet schneller drehende Motor nach dem Schalten und ohne die Last des Zuges das Lökchen so schnell wieder beschleunigt hat, daß es recht unsanft noch einmal während der Fahrt "bei kam". Man könnte das nun so interpretieren "Wir geben denen jetzt noch einen Tritt in den Allerwertesten, und dann sind sie weg!" - die Reisenden im am Schluß laufenden Schlafwagen dürften diese Art des Weckers auf jeden Fall alle mitbekommen haben. Hier nun der Moment in Aachen Süd, an dem unser fleißiges Dreibein in Aachen Süd regulär vom Zug absetzte....

Bild
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Bad Camberger
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Re: Nachschieben einstellen....

Beitrag von Bad Camberger »

Hallo Marko,

danke für den interessanten Bericht. Mit V60 nachschieben ist ja so, als würde eine Ente einem Ford Ranger Schubunterstützung geben. :D

Weiß jemand, wo konkret noch die Signale Ts1, Ts2 und Ts3 aufgestellt sind?

Viele Grüße,

Bad Camberger
Carsten Frank
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Re: Nachschieben einstellen....

Beitrag von Carsten Frank »

Ein Ts1 steht vor dem Rudersdorfer Tunnel in Fahrtrichtung Süden.
Konnte kürzlich noch in Rudersdorf einen nach Süden durch fahrenden langen Holzzug beobachten. Die Schiebelok der KSW war bereits nach etwa 5 Minuten wieder in Rudersdorf zurück, hatte also ungekuppelt bis vor den Tunnel geschoben.
Das kommt mittlerweile selten vor, nur bei geplanten längeren Umleitungen steht in Siegen Ost schon mal eine Schiebelok.
Bei durchlaufenden Zügen aus Richtung Hagen bleibt die Schiebelok eher von Altenhundem bis Dillenburg gekuppelt am Zug.
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Dieselpower
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Re: Nachschieben einstellen....

Beitrag von Dieselpower »

Also in Gemmenich und Aachen Süd stehen definitiv solche Tafeln. Des weiteren in Welschen Ennest und eben wie gesagt am Rudersdorfer Tunnel.

Ob und wie weit Schiebeloks am Zug verbleiben hat auch mit den zulässigen Geschwindigkeiten zu tun, welche ungekuppelt niedriger als gekuppelt sind.
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Carsten Frank
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Re: Nachschieben einstellen....

Beitrag von Carsten Frank »

Ich bin mir ziemlich sicher das in Welschen Ennest kein TS1 steht, kann auch hier im Video (ab etwa Minute 30 kommt Welschen Ennest) https://youtu.be/MIRp9JluRdY keins finden
Ist dort nicht erforderlich weil in dem Fall bis in den Bahnhof nachgeschoben wird und nicht wie zb in Rudersdorf das nachschieben auf freier Strecke eingestellt wird?
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Dieselpower
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Re: Nachschieben einstellen....

Beitrag von Dieselpower »

Das kann sein, ich war schon lange nicht mehr dort, und wenn man kein Tf einer Schiebelok ist, achtet man auch nicht immer so drauf... :wink:

Schon richtig, wenn bis in den Bahnhof geschoben wird, wofür sollte dann auch ein extra Hinweis da sein...?
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KoLü Ksf
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Re: Nachschieben einstellen....

Beitrag von KoLü Ksf »

Das TS1-Signal in Heigenbrücken West wurde 2017 ja überflüssig, stand aber noch ein paar Monate nach dem Streckenabbau.

Heute wird sogar im Spessart wieder nachgeschoben, wenn auch nur vereinzelt. Dafür steht eine private 185 in Aschaffenburg Hbf und schiebt, wenn notwendig von dort bis Wiesthal.

Herzliche Grüße
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