Rheinhochwasser

Antworten
TroubadixRhenus
Amtmann A11
Beiträge: 762
Registriert: Mi 17. Jul 2013, 00:25
Kontaktdaten:

Rheinhochwasser

Beitrag von TroubadixRhenus »

Hallo!

Auch wenn ich nach meinem Arbeitsunfall noch nicht wieder Arbeiten darf (wird aber bald wieder!), so hatte die Berufsgenossenschaft bzw. mein Doc nichts gegen eine kleine "Rentnertour" einzuwenden. So machte ich mich letzten Dienstag auf den Weg und bestieg die "RMS Goethe" zu einer langen "Hochwasserbereisungsfahrt" nach Rüdesheim und wieder zurück. Ich hoffe es passt hier hin, auch wenn eher weniger Eisenbahn vorkommt.

Was der Tourist am Mittelrhein allerdings als "schlimmes Hochwasser" erlebt hat, lässt den Rheintalbewohner noch ziemlich kalt! Er bezeichnet soetwas allenfalls als "hohes Wasser", und ist sehr findig darin, seine Infrastruktur in allen Bereichen am laufen zu halten. Der Pegel Kaub war bei 511cm, was Überschreitung der Hochwassermarke I bedeutet. Der Schiffsverkehr war damit insofern beeinträchtigt, als dass langsamer gefahren werden musste, und sich die Schiffe möglichst in Flussmitte halten müssen. Viel Spass mit dem einen oder anderen Foto!



Bild
Aufgrund der hochwasserbedingt mitgerissenen Sedimente war der Rhein heute eher Milchkaffeefarben!




Bild
Das tolle Wetter machte allerdings heftig Laune!




Bild
Die "Godesburg" kam entgegen, wenn auch nicht bei ihrer Namenspatronin, sondern bei Wellmich unterhalb der Burg Maus.




Bild
In Sankt Goarshausen das erste hochwasserbedingte Problem! Wie hier anlegen und Fahrgäste anlanden oder an Bord holen???




Bild
Der erste Steiger ist definitiv nicht ohne Angler-Wathose benutzbar!




Bild
Der andere Steiger sieht nicht wirklich besser aus!




Bild
Aber auch wenn die Promenade bereits abgesoffen ist: Wofür gibts provisorische Stege???




Bild
Geht doch!




Bild
Auch die Autofähre nebenan läuft!




Bild
Schwer beschäftigt sind die kleinen Schlepper, denn gerade große Motorgüterschiffe geraten in der starken Strömung bei Hochwasser hin und wieder an ihre Leistungsgrenzen und sind dann froh, wenn nochmal 1000 PS zusätzlich vorne ziehen!




Bild
Und immer wieder aufs neue faszinierend wie landschaftschonend man früher Schienenmagistralen durch die Landschaft getrieben hat! Das Portal des Loreleytunnels ist nur teilweise hinter dem Grün zu sehen!




Bild
Die Eisenbahn gehört allerdings sowieso zum Landschaftsbild - finde ich jedenfalls!




Bild
Und der nächste Schlepper fährt seinem Kunden entgegen - Stromabwärts, oder wie man am Rhein sagt: "zu Tal"




Bild
Hier bei der kleinen Fähre zu Pfalzgrafenstein geht allerdings nichts mehr! Der Anleger ist völlig überflutet, und selbst die Bank unter den Bäumen, wo es sich so herrlich sitzen lässt, ist in den Fluten verschwunden!




Bild
Immer noch keine Unwetterentwarnung! Nur bei Schäfchenwolken Fotos machen ist allerdings auch langweilig!




Bild
Ein großes Kabinenschiff begegnet uns in Lorch.




Bild
Das Häuserensemble um die Lorcher Martinskirche.




Bild
Der fortgeschwemmte Löss aus Süddeutschland färbt den Rhein unwirklich gelb-beige!




Bild
Etwas verschämt muss die Lorcher Fähre warten, bis die RMS Goethe passiert hat - vorneweg wie bei einer Prozession das Kölsche Wappentier: der doppelköpfige Adler!




Bild
Wie gehts weiter? Die Radwege waren teilweise überflutet!




Bild
Schwere Wolken, Sonne und viel Wasser!




Bild
Auf Kollisionskurs? Besser mal Ruder Steuerbord!




Bild
Wie der Amazonas erscheint der Rhein zwischen Bingen und Rüdesheim! Auch die Wasserfarbe erinnert eher an einen sedimentreichen Urwaldstrom in der Regenzeit!




Bild
Das ist Burg Rheinstein bei Trechtingshausen im Mittelrheintal, und nicht irgendeine Behausung von "Mittelerde"...




Bild
Die Clemenskapelle bei Trechtingshausen: heute Friedhofskapelle aber früher Pfarrkirche und daher ein wenig überdimensioniert. Darüber die Burg Reichenstein.




Bild
Und einer der Schlepper, die vorhin leer "zu Tal" unterwegs waren, fährt nun mit voller Leistung mit dem Koppelverband "Bavaria" im Schlepp zu Berg!




Bild
Das Abschiedsbild zeigt die Goethe mit abgesenktem Kamin und Vordermast unter den Koblenzer Brücken. Das ist nur bei Hochwasser zu sehen, weil die Brücken in Horchheim und Pfaffendorf ansonsten hoch genug sind.

Kleine Anekdote zum Schluss: Die RMS Goethe hat an dem Tag extra und nur wegen MIR einen Halt einlegen müssen! :mrgreen:
Nun gut. Das ist jetzt nicht so was besonderes, ich war eben der einzige Fahrgast der am Bedarfsanleger in Bad Salzig aussteigen musste. Aber immerhin! :lol:


Grüsse:
Thomas
Hannum
Hauptschaffner A4
Beiträge: 105
Registriert: Do 22. Nov 2007, 16:37

Re: Rheinhochwasser

Beitrag von Hannum »

Die Reportage hat mir gefallen! Danke!

Gruß aus Mainz
Hannum
TroubadixRhenus
Amtmann A11
Beiträge: 762
Registriert: Mi 17. Jul 2013, 00:25
Kontaktdaten:

Re: Rheinhochwasser

Beitrag von TroubadixRhenus »

Danke ebenso!

Vielleicht noch ein paar kurze Worte zur RMS Goethe:

Baujahr 1913 bei der Schiffswerft Gebrüder Sachsenberg in Köln als kombiniertes Fracht- und Fahrgastschiff.

1925 Umbau zum reinen Salonraddampfer für bis zu 2400 Personen.

Im März 1945 durch zwei Bombentreffer im Hafen Oberwinter versenkt, wobei etwa 20 Menschen auf dem Schiff den Tod fanden.

Bergung des Wracks 1949, wobei das völlig zerstörte Hinterschiff vor Ort verschrottet wurde.

Bis 1953 Wiederaufbau bei der Schiffswerft Christof Ruthof in Mainz Kastell, wobei aufgrund der Kriegsschäden wesentliche Teile erneuert werden mussten. Lediglich im Mittelschiff blieben wesentliche Teile aus der Bauzeit erhalten, ebenso auch die Dampfmaschine von 1913, die im Original bis 2008 ihren Dienst verrichtete.

1956 Umstellung von Kohlefeuerung auf schweres Heizöl.

1989 vorläufige Ausserdienststellung nach Kesselschäden.

1995 bis 1996 Erneuerung der Kesselanlage und Umstellung der Feuerung auf Leichtöl, sowie eine grundlegende Modernisierung und Umgestaltung des Schiffs. Die Dampfmaschine von 1913 blieb in Betrieb!

1996 erneute Inbetriebnahme des Schiffs.

2008/2009 Umrüstung des Schiffs von Dampfantrieb auf Dieselhydraulik. Weil die Goethe bis dahin das letzte echte Dampfschiff auf dem deutschen Rhein war, ging hiermit die große Ära der Dampfschifffahrt auf dem Mittelrhein nach fast 200 Jahren zu Ende! Gleichzeitig wurde das Schiff nach Valetta/Malta ausgeflaggt.

Immer wieder wird behauptet, dass die Goethe auch auf Schraubenantrieb umgerüstet wurde und die beiden Schaufelräder nur noch Dekorationszwecken dienen. Dieses ist FALSCH, denn die beiden Schaufelräder werden jeweils von einer dieselhydrauischen Anlage angetrieben, und treiben das Schiff bis heute an. Die arbeitenden Räder mit ihren Exzentersteuerungen (für den richtigen Anstellwinkel der Schaufelblätter im Wasser) können von innen hinter Glas bei der Arbeit beobachtet werden. Die 4 Meter im Durchmesser großen Schaufelräder wirken so recht beeindruckend! Zusätzlich erleichtern im Heck ein Querstrahlruder sowie vorne ein Bugstrahlruder das Manövrieren, allerdings waren diese Unterstützungen auch bereits zu Dampfzeiten vorhanden.

Bedauerlich ist die Umrüstung von Dampf- auf Dieselantrieb allemal, nicht nur wegen des Nostalgieeffekts. Die alte Zweizylindermaschine war mit ihren knapp max. 60 Umdrehungen/Minute praktisch lautlos, während die beiden neuen dieselhydraulischen Aggregate vor allem im Mittelschiff recht geräuschvoll arbeiten.

Immerhin ist trotzdem noch ein kleiner elektrischer Dampfkessel vorhanden - nämlich für die Dampfpfeife, die im Original erhalten und in Betrieb blieb.

Als 2008 die Absicht der KD bekannt wurde, dass die Goethe auf Diesel umgestellt werden sollte, gab es Bestrebungen, dies mit einer Unterdenkmalschutzstellung des Schiffs zu verhindern. Die Denkmalbehörde lehnte die Unterschutzstellung aber ab mit der Begründung, dass durch die vielen Umbauten zu wenig Originalsubstanz aus der Bauzeit vorhanden war! Es wurde lediglich die Dampfmaschine unter Denkmalschutz gestellt, mit dem Erfolg, dass diese zwar nicht verschrottet wurde, aber nun schon über 7 Jahre unzugänglich im Keller des Kölner Stadtmuseums vor sich hin gammelt.
Horst Heinrich
Oberrat A14
Beiträge: 2194
Registriert: Sa 18. Okt 2008, 23:07

Re: Rheinhochwasser

Beitrag von Horst Heinrich »

Meine Antwort in der Rubrik "Eifel" paßt auch hier:

Wir Forstleute haben das Desaster kommen sehen.
Ich habe viele Jahre in der sog. Forsteinrichtung gearbeitet, d.h. in der langfristigen Betriebs- und Wirtschaftsplanung der Wälder. Immer sahen wir uns mit der Forderung konfrontiert, ganzjährig befahrbare und schwerlasttaugliche Wald- und Wirtschaftswege zu schaffen.
Dasselbe im Weinbau, an Ahr, Mosel, Nahe, Mittelrhein - Wege, die nach dem Sonntagsgottesdienst mit Familie und Mercedes das ganze Jahr erreichbar waren, am besten in Bitumenausführung.

Unsere Einwände von der Schwammfunktion der Böden - belächelt.
"Wir leben im 21., nicht im 19.Jahrhundert," wie oft habe ich diesen Satz von waldbesitzenden Kommunen gehört.

Jetzt ist Zahltag für diese Ignoranz gegenüber naturgegebenen Zusammenhängen.
Aber es gibt ja politische Soforthilfen zur Beruhigung der Gemüter.

Business as usual - bis zum nächsten Crash, aber auch den kriegen wir ja hin... politisch... gegen die unverrückbaren Prinzipien der Natur.
SOLANGE NICHT DIE KULTUSMINISTERKONFERENZ EINE EINSTWEILIGE VERFÜGUNG ERWIRKT UND SIE MIR PERSÖNLICH AN DER HAUSTÜR ÜBERREICHT,BLEIBE ICH BEI DER ALTEN RECHTSCHREIBUNG.
Benutzeravatar
Dieselpower
Direktor A15
Beiträge: 2746
Registriert: Di 24. Dez 2013, 00:34
Kontaktdaten:

Re: Rheinhochwasser

Beitrag von Dieselpower »

Hallo Thomas,
Danke für den tollen Bilderbogen. Auf Burg Reichenstein in Trechtingshausen war ich mal zur mittelalterlichen Hochzeit eines befreundeten Pärchens eingeladen - ein schönes düsteres Gemäuer, und eine tolle Feier war das.
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Albert Einstein
"Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich...!"
Konrad Adenauer
Antworten