Wenn Trafotransporte an maroden Brücken scheitern ...

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eta176
Präsident der Deutschen Bundesbahn B11
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Wenn Trafotransporte an maroden Brücken scheitern ...

Beitrag von eta176 »

Schon am 2. Juli 2020 hat die auf Trafo- und Schwergutlogistik spezialisierte Spedition Kübler auf die Problematiken
bei Trafo-Transporten hingewiesen, die offenbar auch die Rechte Rheinstrecke betrifft, weil es bei Neuwied eine Brücke
mit nicht (mehr) ausreichender Tragfähigkeit gibt. (Welche?)
Nachfolgend ein längerer Auszug aus der Homepage von Kübler Spedition.
[Link am Ende dieses Beitrags]

„Die Schiene ist für uns der Verkehrsträger Nummer Eins.“ Diese Aussage prangt auf der Homepage des Bundes-
ministeriums für Verkehr (BMVI) anlässlich der Unterzeichnung des Schienenpaktes und Weiterführung des Master-
plans Schienengüterverkehr. Doch es gibt systemrelevante, alternativlose Güterverkehre, welche sogar durch Ge-
setze auf die Schiene geleitet werden, aber auf politischer Ebene in völlige Vergessenheit geraten sind.

Der Transport von Transformatoren wird vor immer größere Herausforderungen gestellt...

Diese Transporte scheint niemand im Blick zu haben, sonst wäre nicht zu erklären, warum an entscheidenden Flaschen-
hälsen im bundesdeutschen Netz schwache Brücken die Transporte unmöglich machen. Um die Versorgung nördlich vom
Nord-Ostsee-Kanal sicherzustellen, müssen die Schwergüter zunächst nach Dänemark verschifft werden, um dann wieder
zurück nach Deutschland befördert zu werden. Gut, dass unser Nachbarland eine gute Infrastruktur hat und diese Transit-
transporte (noch) zulässt.

Die Hauptgüterachse durch das Rheintal wird bei Neuwied für Schwertransporte jäh unterbrochen. Eine zu schwache
Brücke zwingt einen Umweg über Kassel und Würzburg auf. Für diesen Umweg benötigt der Sonderzug bis zu sechs Wochen
länger
, da er nur an wenigen Stunden eines Wochenendes fahren darf. Zu lange Zeit, wenn ein dringend benötigter Ersatz
benötigt wird.

Ebenso schneidet eine scheinbar nicht ausreichend tragfähige Brücke bei Aschaffenburg die Republik in zwei Teile.

Aber wenn die sogenannte "Machbarkeitsstudie der Bahn" die Strecke technisch freigibt, ist noch lange nicht klar, ob der
Transport stattfinden kann. Bei der Konstruktion des Fahrplans steht ein außergewöhnlicher Transport immer hinten an.
Nicht nur Regelzüge, sondern jeder Baulogistikzug und kleinere Baustellen haben Vorrang. Da es immer weniger Abstell-
gleise in den Bahnhöfen gibt, wird es schwierig, überhaupt noch Zeitfenster für die Fahrt zu bekommen. Auf Strecken
mit hohem Verkehrsaufkommen ist an ein Durchkommen nicht zu denken, es fehlt an Überholgleisen und geeigneten Ab-
stellmöglichkeiten, welche allesamt vorhanden waren und einem Rückbauwahn zum Opfer gefallen sind.

Da die Straßen immer weniger Schwerlasten aufnehmen können, hat die Spedition Kübler aus Michelfeld viele Mio. Euro
investiert. Es wurden mehrere Schienentiefladewagen bis 500t Nutzlast und ein trimodales Terminal mit 500t-Kran gebaut.

„Die Politik möchte mehr Güter auf die Bahn verlagern. Schwertransporte werden zudem auf der Straße nur genehmigt,
wenn ein Bahntransport ausgeschlossen werden kann. Wir haben deshalb viel investiert, um möglichst viele Transporte
auf die Schiene zu verlagern. Nun wird dieses Ziel von der Bahn ausgebremst. Ein schleppendes Genehmigungsverfahren,
schlechte Infrastruktur und zu enge Fahrplanfenster machen Transporte auf der Bahn fast unmöglich. Großkunden mit
wöchentlichem Ausstoß haben alles für den Transport mit der Bahn konzipiert und müssen nun die Güter wieder per LKW
transportieren, weil die Bahn langfristig keine Fahrzeitfenster für Sondertransporte anbieten kann.“

Geschäftsführer Spedition Kübler – Heinz Rößler


Und es gibt bereits einen Ausbaustau bei den Energieversorgern: Viele dringend benötigte Transformatoren, die nur per Bahn
versendet werden können, stehen seit vielen Monaten bei den Herstellern und können nicht zugestellt werden.

Vieles stockt aufgrund der unkoordinierten Verkehrspolitik. Ein Netzbetreiber bestätigt, dass von den 40 bisher im Jahr 2020
geplanten und notwendigen Transporten grade mal fünf (!) bisher ausgeführt
werden konnten. Die restlichen Projekte
liegen wegen fehlender Genehmigungen auf Eis.

Wichtige Umspannwerke sind langfristig nicht erreichbar, weil auf allen Zufahrten gleichzeitig Dauerbaustellen eingerichtet
wurden oder weil durch das Stopfen einer Gleistrasse eine Brückendurchfahrt zu niedrig wurde. Auch mittlerweile marode
Brücken zwingen die Netzbetreiber in einen Revisionsstau Ihrer Anlagen.

Ein Blick über die Grenzen verrät: In der Schweiz und Österreich, aber auch Polen werden diese Transporte als systemrele-
vant eingestuft. Versorgungskorridore zu allen Quellen und Zielen werden systematisch katalogisiert und offengehalten.

In der Corona-Krise gehen viele Lösungen schnell und unbürokratisch von der Hand. Muss in Deutschland erst irgendwo für
längere Zeit ein Black Out für Besinnung sorgen? Wann wird es in Deutschland endlich wieder befahrbare Korridore für die
Energieversorgung geben? Erst, wenn eine Großstadt längere Zeit im Dunkeln bleibt, weil der Ersatztransformator nicht
rechtzeitig ans Ziel kommt?

Im ausführlichen Bericht auf der Homepage von Kübler sind auch verschiedene hist. und aktuelle Fotos enthalten.
https://www.kuebler-spedition.de/zukunftspakt-schiene/
Rolf
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Re: Wenn Trafotransporte an maroden Brücken scheitern ...

Beitrag von Rolf »

Wie peinlich für unser Land!
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Dieselpower
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Re: Wenn Trafotransporte an maroden Brücken scheitern ...

Beitrag von Dieselpower »

Seit Jahren absehbares und hausgemachtes Problem.
Am Donnerstag stand unser EC115 zwischen Würzburg und Augsburg (Über Ansbach - Donauwörth, da bin ich mit einem EC auch noch nicht hergefahren) mehr, als er fuhr, obwohl er die Strecke in zwei Stunden ohne Halt (!) fahren sollte. Diese baustellenbedingte Umleitung war jedoch überlastet, weil auch dort gebaut wurde. Aha, man plant also baustellenbedingte Umleitungen über eingleisige Baustellen...zurück hatte ich dann das Vergnügen, planmäßig (!) 150 Minuten von Ulm nach Mannheim zu fahren (Altstrecke) - was mir jedoch anhand des mäßig besetzten Ersatz-ICE1 (statt 4er Gerümpel) wenig ausmachte, war ganz nett, aber zeigt das Fiasko....

Mehdorn müßte für seine Kahlschlagorgien und seinen Unterhaltungsstau im Nachhinein haftbar gemacht werden.
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Albert Einstein
"Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich...!"
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