BUND RLP: Neue Züge braucht das Land

Fotos von außerhalb unserer Region. Hier ist auch Platz für Sammelbeiträge, die mehrere Strecken umfassen (z. B. Rückblicke).
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eta176
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BUND RLP: Neue Züge braucht das Land

Beitrag von eta176 »

Ab Montag, 4.5.2020 wird ein Großteil des wegen Corona gestrichenen ÖPNV in RLP wieder aufgenommen.
In derselben Woche berät die Landesregierung über ein neues Nahverkehrsgesetz. Letzteres ist aus Sicht
des "Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)" Landesverband Rheinland-Pfalz, längst überfällig
und eine der vielen Forderungen aus der neuen BUND-Broschüre „Neue Züge braucht das Land“.
Dieser Forderungskatalog wurde Montag, 4.5.2020 um 10:30 Uhr in einer Pressekonferenz via Zoom vorgestellt.
Anschließend gab es folgende PM:

Neue Züge braucht das Land!
Für Gesundheit und Umwelt: BUND fordert Initiative für einen Ausbau des Schienen-Nahverkehrs
04.05.20, Mainz. Nicht trotz, sondern wegen der Corona-Krise: Der Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND), Landesverband Rheinland-Pfalz veröffentlicht seinen aktuellen Forderungskatalog
zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Der stellvertretende Landesvorsitzende und Autor des
Forderungskataloges, Michael Carl: „Der Individualverkehr verursacht eine immense Luftverschmutzung
nicht nur in den Städten und begünstigt damit auch das Auftreten bzw. den schweren Verlauf von Krank-
heiten wie Corona. Mehr ÖPNV ist also nicht nur allgemein für den Umweltschutz und die Verkehrswende
wichtig, sondern für die Gesunderhaltung unserer Bevölkerung.“

Passend zu der endlich geplanten Novellierung des rheinland-pfälzischen Nahverkehrsgesetzes erhebt der
BUND grundlegende Forderungen: eine deutliche Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und
eine Verlagerung eines großen Teils des verbleibenden Verkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel. Darüber
hinaus zeigt er konkret auf, welche Veränderungen seines Erachtens in unserem Bundesland dazu not-
wendig sind.
Neue Züge durch Wiederinbetriebnahme noch vorhandener Bahnstrecken
Die Landesvorsitzende Sabine Yacoub unterstreicht die Forderungen: „In Rheinland-Pfalz gibt es noch viele
aktuell nicht betriebene Bahnlinien, deren Schienen aber noch zum großen Teil vorhanden sind, beispiels-
weise die Bahnlinien Germersheim – Landau, Altenglan – Staudernheim (Glantalbahn), Langenlonsheim –
Hermeskeil (Hunsrückquerbahn), Koblenz – Bassenheim oder die Brexbachtalbahn (Siershahn – Engers).
Auch die aktuell vom Land beschlossene Wiederinbetriebnahme der Aartalbahn (Diez – Wiesbaden), der
Weststrecke bei Trier (links der Mosel) und der Verlängerung der S-Bahn von Kaiserslautern über Homburg
weiter nach Zweibrücken sind sinnvolle Maßnahmen einer Verkehrswende in Rheinland-Pfalz.“
Neue Züge durch Elektrifizierung und zweigleisiger Ausbau
Bei stark befahrenen Bahnlinien sei eine Elektrifizierung sinnvoll. Michael Carl: „Als Beispiele schlagen wir
etwa die Strecken Landau – Wörth, Neubrücke – Gau-Algesheim oder Koblenz – Limburg (Lahntal) vor. Für
einen zweigleisigen Ausbau kämen die Linien Landau - Pimasens, Bingen – Monsheim oder die Kylltalbahn
in der Eifel in Frage. An manchen Stellen, wie zwischen Gau-Algesheim und Mainz wäre ein drittes oder
gar viertes Gleis sinnvoll.“ Durch solche Maßnahmen sei es nicht nur möglich, deutlich mehr Verkehr auf d
ie Schiene zu holen, sondern den Bahnverkehr durch Einsatz elektrischer Triebzüge flotter und umwelt-
freundlicher zu gestalten.
Neue Züge durch Wiederaufbau ehemaliger Bahnstrecken
Auf den ersten Blick erscheine der Wiederaufbau von Bahnlinien ökonomisch fraglich und auch ökologisch
nicht unbedingt sinnvoll, befinden sich doch auf vielen ehemaligen Trassen Radwege. Während diese aber
problemlos parallel geführt werden könnten, seien die noch vorhandenen Trassen für eine Wiederbelebung
unbedingt notwendig. In den rheinland-pfälzischen Mittelgebirgen habe es früher eine Reihe von Bahnlinien
gegeben. Heute seien Eifel, Hunsrück und der Westerwald vom Bahnverkehr großteils abgeschnitten.
Sabine Yacoub: “Wir schlagen daher vor, dass zumindest die größeren ehemaligen Linien wieder aufgebaut
werden, um wenigstens einen Grundbedarf decken zu können. Im Einzelnen wären dies die Westerwald-
querbahn Montabaur – Rennerod (teilweise), die Ruwertalbahn Trier - Hermeskeil und die Hunsrückbahn von
Emmelshausen nach Simmern. Zusammen mit Wiederinbetriebnahmen hätten die drei Mittelgebirge so
wenigstens je eine Bahnlinie in Nord-Süd- und in West-Ost-Richtung.“
Nahverkehr zur kommunalen Pflichtaufgabe machen
Michael Carl sieht realistische Chancen für eine Umsetzung der BUND-Forderungen, die geplante Neufas-
sung des Nahverkehrsgesetzes steht offenbar unmittelbar bevor: „Mit dem Gesetz wird wohl auch unsere
Forderung erfüllt, dass der ÖPNV zur kommunalen Pflichtaufgabe wird. Dadurch können Kommunen in Zu-
kunft mit eigenen Mitteln ihre Bürgerinnen und Bürger mit einem besseren Nahverkehr versorgen. Dies
nutzt im Übrigen sowohl den ländlichen Regionen wie auch den Ballungszentren, denn der ländliche Raum
wird besser angebunden und die Städte ersticken nicht mehr im Autoblech und in Abgasen.“
Die Broschüre des BUND enthält dazu zahlreiche mit anderen Fachverbänden abgestimmte Vorschläge.
Sie kann dort heruntergeladen werden: http://www.bund-rlp.de/forderungskatalog (2,7 MB)
oder als gedrucktes Exemplar bestellt werden unter: BUND Rheinland-Pfalz, info@bund-rlp.de, 06131 62706-0
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Steffen
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Re: BUND RLP: Neue Züge braucht das Land

Beitrag von Steffen »

Hallo,

nun muss man sagen, dass viele Dinge, die genannt werden absolut unrealistisch sind wie der Wiederaufbau Trier-Hermeskeil oder Emmelshausen-Simmern.
Der Verkehr würde derartige Investitionen nie und nimmer rechtfertigen.

Bei Elektrifizierung würde ich allen drei Strecken eine sehr gute Prognose bescheinigen. Beim zweigleisigen Ausbau sehe ich das differenzierter:
- Landau - Pirmasens (Nord) > wäre machbar, da Strecke bereits zweigleisig war und eine Alternativroute mit Elektrifizierung für Kaiserslautern - Ludwigshafen geschaffen würde

- Bingen – Monsheim > die Strecke ist zwar auch mal zweigleisig projektiert gewesen, was man an einigen Brücken und Überführungen sehen kann, aber das sehe ich eher nicht wirtschaftlich. Der Verkehr im Stundentakt lässt sich gut mit den bestehenden Kreuzungsstationen und dem zweigleisigen Abschnitten Armsheim-Alzey und Monsheim-Worms regeln. Potential für Umleitungsverkehr von der Rheinstrecke sehe ich ohne Elektrifizierung auch nicht. Außerdem ist das Planum nicht für zwei Gleise ausgelegt und Brücken und Dämme müssten komplett neu gebaut werden.

- Kylltalbahn > hier gilt das Gleiche wie bei Landau - Pirmasens. 75 Jahre nach dem Abbau des zweiten Gleises wäre dieses überfällig um den Flickenteppich der Eifelbahn zu schließen und eine echte Alternative für den Verkehr Ruhrgebiet->Köln->Trier->Frankreich/Luxembourg zu schaffen.

Naja, träumen wir mal weiter. Es wird von den oben genannten Punkten in den nächsten 20 Jahren sowieso nichts umgesetzt werden.
Viele Grüße
Steffen
jojo54
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Re: BUND RLP: Neue Züge braucht das Land

Beitrag von jojo54 »

Zu dem Thema gestatte man mir einige Anmerkungen:

Der Autor des Themenbaums ergänzt oder kritisiert hier im Forum oftmals sehr wortreich viele Beiträge. Gerade deshalb hätte ich mir von ihm einen diesbezüglichen Kommentar zum Beitrag des "BUND" und dessen Forderungen gewünscht. Anscheinend wurde die Veröffentlichung dieser Institution vor der Corona-Krise angefertigt, denn mittlerweile dürfte (fast) jedem und vermutlich auch dem "BUND" bekannt sein, dass es gewaltige Einschränkungen wegen leerer Kassen geben wird. Alles was im Moment an Unterstützungen gleich welcher Art gezahlt wird, läuft größtenteils über Kredite und die müssen finanziert werden. Vielleicht kann der "BUND" auch mal erklären, wo die Gelder für seine Vorschläge herkommen soll.

Gerade heute musste ich aus meiner Tageszeitung erfahren, wie dramatisch die Steuereinnahmen wegbrechen und über welche Sparmaßnahmen die Landkreise und die Gemeinden nachdenken. An die Länder und die Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch nicht zu denken. Wer glaubt, dass es unter solchen Umständen in den nächsten Jahren zu einer großen Verkehrswende kommt, viele stillgelegte Strecken reaktiviert werden oder sonst irgendwelche Ausbauprojekte starten, dürfte weit weg von jeglicher Realität sein. Warten wir mal das Jahresende oder Anfang 2021 ab. Vermutlich werden wir froh und dankbar sein, wenn wir das halten können, was im Moment vorhanden ist.

Deshalb ist den Ausführungen von "Steffen" nichts hinzuzufügen.

Bleibt alle gesund und nachdenkliche Grüße!
jojo54
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Dieselpower
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Re: BUND RLP: Neue Züge braucht das Land

Beitrag von Dieselpower »

Natürlich brechen die Steuereinnahmen weg - allein diese Woche wird es wieder einigen an den Kragen gehen, wenn sie aus der ohnehin schon leeren Kasse die Quartakssteuern mit Fristverlängerung aus den ersten drei vollen Monaten jetzt in der knappen Zeit begleichen dürfen...
Da holt sich der großzügige Vater Staat von den "Coronahilfen" schon mal gleich ein gerüttelt Maß zurück, für die er sich vor kurzem noch feiern ließ...
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
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"Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich...!"
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eta176
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Re: BUND RLP: Neue Züge braucht das Land

Beitrag von eta176 »

jojo54 hat geschrieben:Zu dem Thema gestatte man mir einige Anmerkungen:
Der Autor des Themenbaums ergänzt oder kritisiert hier im Forum oftmals sehr wortreich viele Beiträge.
Gerade deshalb hätte ich mir von ihm einen diesbezüglichen Kommentar zum Beitrag des "BUND" und des-
sen Forderungen gewünscht. Anscheinend wurde die Veröffentlichung dieser Institution vor der Corona-
Krise angefertigt, denn mittlerweile dürfte (fast) jedem und vermutlich auch dem "BUND" bekannt sein,
dass es gewaltige Einschränkungen wegen leerer Kassen geben wird. Alles was im Moment an Unterstüt-
zungen gleich welcher Art gezahlt wird, läuft größtenteils über Kredite und die müssen finanziert werden.
Vielleicht kann der "BUND" auch mal erklären, wo die Gelder für seine Vorschläge herkommen soll.
:? "Danke für die Blumen" :?
Es ging mir lediglich um die Bekanntgabe dieser Ausarbeitung, die ich bislang nur "überflogen", aber noch
nicht im Detail durchgelesen habe. Wenn jojo54 Mitglied einer Gewerkschaft gewesen ist, müsste er die
Vorgehensweise bei Tarifverhandlungen kennen: "Maximale Forderungen stellen, um am Ende ein halbwegs
gutes Ergebnis zu erzielen". Da das Mainzer Wirtschaftsministerium bei dem "Bundeswettbewerb zur För-
derung des elektrifizierten Güterverkehrs" bereits recht "abenteuerliche Anmeldungen" (wie beispielsweise
Limburg-Siershahn und Montabaur-Wallmerod) eingereicht hat, wollte der BUND nicht dahinter zurück-
stehen, auch wenn jeder weiß, dass dies (vor allem für den Rest der Ww-Querbahn) völliger Nonsens ist.

Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation auf die Vorstellung von Ideen (und Forderungen) völlig
zu verzichten kann aber auch keine Lösung sein :roll: Schließlich soll es irgendwann ja wieder einen Auf-
schwung geben - und der kann nicht alleine in Programmen zum "Ausbau des Straßenverkehrs" liegen, wie
diese bereits in verschiedenen Kreisen und Regionen jetzt gefordert werden.

Beste Grüße
HaPe
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