saarepi hat geschrieben:Herr schick mir eine Eingebung oder mag sonst Jemand solche Argumente zu deuten wissen.
Ich will's mal kurz erläutern.
Nach fast 40 Jahren in den Wäldern der Welt, davon zwei Jahrzehnten in Rheinland-Pfalz und nach inzwischen auch schon 17 Jahren Schuldienst in diesem Bundesland glaube ich beurteilen zu können, daß Forst- und Schulpolitik des Landes unter rot-grüner Verantwortung gescheitert sind.
Doch nicht nur sie.
Das Erfolgsmodell, das dreigliedrige Schulsystem, in dem jeder seinen Weg fand und auch neigungsgerecht über ein Dutzend Bildungszweige aufsteigen konnte, wurde zerschlagen.
Nun sitzen alle in der Gesamtschule in einer Klasse, die Intelligenten, Motivierten und Leistungsbereiten und die weniger Begabten, Lustlosen und Verweigerer.
Diesen sozial und leistungsmäßig brodelnden Hexenkessel täglich abzukühlen, damit er nicht permanent explodiert, kostet die Energie, die zur Wissensvermittlung gebraucht würde.
Da man also im Unterricht zurückbleibt, wird der Stoff als Hausaufgabe mitgegeben.
Die Folge: Die Guten kommen nicht voran und die Schlechten bleiben auch zurück, denn sie sind überfordert und demotiviert und alle haben inzwischen einen 10-Stunden-Arbeitstag.
Auf der Strecke bleibt nicht zuletzt so etwas wie eine recht unbeschwerte Kindheit und Jugend.
Nicht zuletzt verlieren die Abschlüsse an Wert.
Den "Realabschluß" bekommt heute sowieso jeder und jeder zweite nennt das "Fachabi" sein eigen - was immer das ist.
Ganz deutlich wird das ganze, wenn der 17-jährige Absolvent der Realschule Plus bei einem Ausbilder in die Lehre geht, der 1966 den Volksschulabschluß gemacht hat:
Der 17-jährige Fachabiturient hat nur noch die Hälfte des Wissens des 62-jährigen ex-Volksschülers.
Er weiß zwar nicht, daß drei Viertel mehr sind als drei Fünftel aber er hat schon mal von Friedemann Schulz von Thun's Kommunikationstheorien gehört.
Ich könnte hier noch hunderte von Beispielen für diese verkorkste links-alternative Schulpolitik aufzählen - es würde Rahmen und Ausgangsthematik sprengen.
Stichwort Forstpolitik und Nationalpark.
Die beiden letzten Forstreformen in Rheinland-Pfalz haben den Förster und die ihm einst zur Verfügung stehende Waldarbeiterrotte aus "ihrem" Wald herausgeholt.
Reviere werden nicht mehr vom Forsthaus inmitten des Waldes betreut, sondern aus dem Auto heraus.
Das Forsthaus wurde zur Aufhübschung des Landeshaushaltes an reiche Städter verkauft.
Statt Waldarbeitern, die ihr halbes Leben in ihrem Revier verbracht haben, fast jeden Baum, jede Besonderheit kannten, gibt es jetzt "teilautonome Gruppen", die auch forstamtübergreifend eingesetzt werden.
Sie nageln z.B. in einer angemieteten alten Raiffeisenhalle 40 km von zuhause entfernt Hochsitze zusammen, während in ihrem Stammrevier mecklenburg-vorpommerische Rückeunternehmer Holz einschlagen.
Aber das nur nebenbei.
Jetzt kreiert diese forstfachlich unbeleckte Landesregierung einen Nationalpark aber nicht etwa dort, wo schützens- und erhaltenswerte Bestände, über Jahrhunderte gereift in einer urwüchsigen Landschaft zu finden sind, sondern ausgerechnet dort, wo der preußische Fichtenholzacker des späten 19. und frühen 20.Jahrhunderts dominiert.
Konserviert wird also hier nicht etwa ein "Naturwald", sondern ein mit dem Ziel der Ertragsoptimierung geschaffener Wirtschaftswald, nur daß man ihn nicht ertragbringend bewirtschaftet, sondern große Teile der erntereifen Bestände sich selbst überläßt, also verrotten läßt.
Kein Wunder, daß sich da z.B. auch einige Eigentümer des Waldes, etwa die Kommunen aufregen, denn sie werden um Einnahmen gebracht, die sie brauchen.
Und da, wo der Widerstand zu qualifiziert und unbequem wird, nimmt man die entsprechende Kommune einfach aus dem
Nationalpark heraus, z.B. Morbach.
Der Gipfel der Inkompetenz ist dann aber, daß diese ökologisch angehauchte Landesregierung gerade bei der nachhaltigen Verkehrserschließung des Parks versagt:
Auf die, den Nationalpark gewissermaßen einrahmende Hunsrückquerbahn wird man erst durch Eisenbahnfreunde aufmerksam, selbst teure, aus den Alpen angekarrte Touristikgutachter erwähnen die Strecke nur am Rande.
Auf die anderen politischen Defizite und Schwächen dieser Landesregierung gehe ich nicht weiter ein, dann wären wir zu weit weg vom eigentlichen Thema, aber die wöchentlich erscheinenden Schlagzeilen und Horrormeldungen sprechen für sich.
Nur noch ein Wort zur Verkehrspolitik, insbesondere zur Eisenbahnpolitik.
Auffallend ist auch hier das Engagement der Landesregierung zugunsten der Stammwählerschaft in den prosperierenden Regionen des Landes Rhein-Main-Rheinhessen und Südpfalz.
Augenfällig ist hier für mich z.B. die Mainzelbahn.
Hier werden für ein Prestigeprojekt, das zusätzlich zum vorhandenen hervorragend aufgestellten Nahverkehr geschaffen wird, 84 Millionen Euro Steuermittel verpulvert, währenddessen mit einem Bruchteil dieses Geldes 150 km Bahnstrecke vor dem Untergang gerettet werden könnten.
Man wird aber eher dem 5-jährigen Sören aus einem Windkraft und Demeter bejahenden Mainzer Patchwork-Vororthaushalt alle Entwicklungsmöglichkeiten schaffen als dem 5-jährigen Thomas aus einem Eifeldorf, der zwischen Kirchgang, Hausschlachtung und dem Gemüsegarten der Oma in einem traditionellen Elternhaus aufwächst, um es überspitzt auszudrücken.
Zum Schluß noch etwas zu meiner politischen Heimat.
Aus meiner urliberalen Gesinnung habe ich nie einen Hehl gemacht, wobei mit urliberal nicht die FDP eines Philipp Rösler oder Guido Westerwelle gemeint ist, sondern eher das liberale Gedankengut der Jahre 1832 bis 1848 oder von Leuten wie Hugo Preuß, Theodor Heuss oder Walter Scheel.
Doch zurück zur Hunsrückquerbahn.
Jeder Versuch, sie zu retten und sie wiederzubeleben, und sei es "nur" als Nationalparkbahn, ist ein Versuch wert.
Auch wenn die Rahmenbedingungen oftmals kritikwürdig sind.